Women on Wheels: ,,Aus meiner Sicht hat Motorradfahren etwas mit Respekt zu tun.“

21. April 2025
Daniela Eggers ist Mitglied im Motorradclub „Woman on Wheels e.V.“
Daniela Eggers ist Mitglied im Motorradclub „Woman on Wheels e.V.“

„ ... Respekt in dem Sinne, dass man sich bewusst ist, welche Kraft in der Maschine steckt und wie schnell man sich durch eine Unachtsamkeit oder einen Fehler in Gefahr begeben kann.“

Woman in the city trifft DANIELA EGGERS – sie ist Mitglied im Motorradclub „Woman on Wheels e.V.“ und Ansprechpartnerin für Kieler Motorrad-Frauen

WITC: Wann hat dich die Leidenschaft für
das Motorrad gepackt?

Ich bin in der DDR groß geworden. Dort konnten Jugendliche, wenn sie vom Land kamen, bereits mit 14 Jahren den Führerschein für das Moped (50ccm) machen. Und natürlich wollte ich es auch. Mein Vater war erst nicht so begeistert von der Idee. Erst durch die Unterstützung meiner Mutter, die selbst moped- und motorradbegeistert war, durfte ich mich dann zur Prüfung anmelden. Das Problem war nur, woher ein Moped bekommen. Ganz zu schweigen von den Sicherheitsbekleidungen, die es in der DDR nicht gab. Um am Straßenverkehr mit dem Moped teilnehmen zu können, musste man mindestens einen Helm und Handschuhe tragen. Meine ersten Handschuhe hat mir meine Großmutter genäht. Auf meinem Sicherheitshelm musste ich ein halbes Jahr warten. Am Ende wurde es dann so ein weißer Motorradhelm. Als Hose musste eine Jeans reichen und als Jacke ein grüner Parka. Heute wäre es für mich undenkbar so auf mein Motorrad zu steigen. Mein Vater besorgte mir dann mein erstes Moped – eine hellgrüne Simson S50 B mit Drei-Gang-Getriebe. Sieben Jahre später habe ich dann meinen Motorradführerschein Klasse A gemacht und mir eine MZ 250 zugelegt. An das Gefühl meiner ersten Mopedtour nach der Fahrprüfung kann ich mich noch gut erinnern. Dieses Gefühl von Freiheit spüre ich jedes Mal, wenn ich mich auch heute auf mein Motorrad setze. Man ist eins mit der Maschine und der Natur. Selbst entscheiden zu können, wohin die Reise geht und in welchem Tempo man an sein Ziel kommt. Die positive Aufregung und das Kribbeln im Bauch, wenn es nach der Winterpause wieder losgeht. Unbezahlbar…

Wie mutig muss man sein, um Motorrad zu fahren?

Ich denke nicht, dass Mototorradfahren in erster Linie mit Mut zu tun hat. Denn wo Mut ist, da ist auch Angst und Angst ist kein guter Begleiter beim Motorradfahren. Aus meiner Sicht hat Motorradfahren etwas mit Respekt zu tun. Respekt in dem Sinne, dass man sich bewusst ist, welche Kraft in der Maschine steckt und wie schnell man sich durch eine Unachtsamkeit oder einen Fehler in Gefahr begeben kann. Die Knautschzone eines Motorrades ist eben sehr gering. So gesehen hat es dann vielleicht doch wieder etwas mit Mut zu tun.

Du bist für Woman on Wheels e.V. Ansprechpartnerin für Kiel. Was genau macht der Frauen-Motorradclub und warum ist es dir wichtig mit dabei zu sein?

Ich bin seit 20 Jahren Mitfrau bei den Women on Wheels e.V.. Der Frauenmotorradclub verbindet Frauen in ganz Deutschland. Es ist ein bundesweites Netzwerk von Frauen und für Frauen. Neben den Stammtischen gibt es auch überregionale Treffen, wie zum Beispiel das Frauenfrühstück, das Wanderwochenende im Herbst und das Kontaktfrauentreffen. Uns verbindet nicht nur das Hobby Motorradfahren. Damals wie heute ist es wichtig, dass wir uns mit einbringen, dass das Motorradfahren für alle in Deutschland sicherer wird. Dazu gehört vor allem auch der Austausch mit anderen Motorradvereinen über solche Themen wie das Anbringen von Leitplankenprotektoren in Kurven, Motorradbekleidung für Menschen, die nicht in die Norm der Industrie passen, Fahrsicherheitstrainings, Schrauberkurse für Frauen und das Nicht-Benutzen der Rettungsgasse im Stau.
Als ich den Stammtisch in Kiel übernommen habe, waren wir nur noch zwei Frauen. Gemeinsam haben wir den Stammtisch neu aufgebaut, weil es uns wichtig war, den Frauen eine Plattform für den Austausch zu bieten. Aktuell sind wir zehn motorradbegeisterte Frauen am Stammtisch in Kiel. Wir treffen uns regelmäßig mindestens einmal im Monat um über Gott, die Welt und das Motorrad zu sprechen. Das Treffen ist für viele eine Auszeit vom Alltag. Hier kann man sich ungezwungen unter Gleichgesinnten austauschen.

Welche besonderen Reisen hast du mit dem Motorrad unternommen?

Um die Frage zu beantworten, muss ich etwas ausholen. Über die Women on Wheels habe ich viele Frauen kennengelernt, die auch in der Women´s International Motorcycle Association (WIMA) organisiert sind. Die WIMA ist eine weltweite Vereinigung motorradfahrender Frauen. Sie hat in jedem Land eine Vertretung. Um an den jährlichen internationalen Frauenmotorradtreffen, den Rallys, teilnehmen zu können, muss man Mitfrau der Women´s International Motorcycle Association sein. Also musste ich nicht lange überlegen. Bis 2012 war ich Mitfrau der WIMA in Deutschland. Ich bin dann aus persönlichen Gründen in die Women´s International Motorcycle Association der Schweiz eingetreten.
Als es 2010 hieß, dass Japan das nächste internationale Frauenmotorradtreffen ausrichten wird, war meine Entscheidung ganz schnell getroffen. Nicht nur wegen des Motorradtreffens, sondern weil ich so die Chance hatte, noch einmal in das Land der aufgehenden Sonne zu reisen. Im Jahre 2001 war ich bereits im Rahmen einer Studienrundreise in Japan. Gemeinsam mit anderen Studenten habe ich das Land bereist und so faszinierende Orte wie zum Beispiel Tokyo, Hiroshima und Kyoto gesehen. Ich habe dort Menschen getroffen und durch sie eine völlig andere Kultur kennengelernt, die mich nachhaltig beeindruckt hat. Und nun ergab sich die Chance das Land mit dem Motorrad zu bereisen.
In Yokohama bekamen wir unsere Motorräder. Was wir alle nicht wussten, dass die Leihmotorräder alle gedrosselt waren. Nach einer kurzen Einweisung durch den Motorradhändler ging es dann, bei bestem Sonnenschein, zum Basislager direkt auf dem Fuji in den Nationalpark. Allerdings änderte sich die Wetterlage schnell umso näher wir dem Fuji kamen. Auf den letzten Kilometern hatten wir 0°C und Schneeregen. Schlechtes Wetter, keine Regenkleidung, Linksverkehr und eine fremde Maschine. Es war eine Herausforderung und wir waren alle froh unbeschadet am Ziel angekommen zu sein. An der WIMA Japan Rally 2010 haben über 300 Frauen aus mehren Nationen teilgenommen. Es gibt dazu mehrere Videos auf YouTube mit dem Titel WIMA JAPAN RALLY 2010. Sehr sehenswert und man bekommt einen Eindruck davon, was die japanischen Frauen für uns auf die Beine gestellt haben. Ich habe später noch an vielen internationalen Treffen teilgenommen.

Kannst du dein Hobby mit deinem Alltag verbinden?

Für mich ist es zum Glück nicht so schwierig meine Familie, das Hobby und die Arbeit miteinander zu verbinden. Da ich im Kieler Umland wohne, bin ich auf das Auto oder Motorrad angewiesen. Eine kleine Tour nach der Arbeit oder auf dem Weg nach Hause oder zum Karatetraining ist da immer drin. Mein Hobby ist mir sehr wichtig. Es bringt mir den Ausgleich zu meiner Arbeit. In meinem Beruf arbeite ich mit Menschen. Da ist es eine willkommene Abwechslung nach der Arbeit, wenn ich eine Runde mit dem Motorrad drehen kann.Und ich habe das Glück eine Partnerin zu haben, die mich dabei unterstützt und mit der ich das Hobby Motorradfahren teilen kann.

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