Wenn aus der Zuckerschnute ein Pubertier wird
Wenn frisch gebackene Welpenbesitzer voller Stolz verkünden, dass ihr 11 Wochen alter Terrier schon Sitz und Platz kann, muss ich mir immer ein Schmunzeln verkneifen und sage tapfer: „Das ist ja wirklich großartig!“ und denke für mich „Noch“. Einem Welpen mit ein paar Leckerchen die klassischen Grundkommandos beizubringen, ist eine Frage der Technik. Sie sind alle pfiffig, zugewandt und lernen schnell. Doch mit 5 bis 7 Monaten werden sie alles Gelernte in Frage stellen, der eine mehr, der andere weniger, denn in der Pubertät testet der heranwachsende Jungspund seine Grenzen aus.
Auf einmal kommt Buddy nicht mehr auf den ersten und auch nicht auf den zweiten Pfiff der Pfeife, Sina verlässt bei der ersten Gelegenheit das Grundstück und wandert durch die Nachbarschaft und der früher so schüchterne Leo pöbelt neuerdings den Nachbarn an. Erst jetzt wird sich herausstellen, ob ich als Mensch so ernst genommen werde, dass ich meinem Hund etwas untersagen oder ihn von etwas abrufen kann, was er gerne möchte, oder ob er ab jetzt sein Leben an der Leine fristen wird.
Pubertät ist, wenn die Besitzer komisch werden.
So würde es sicher mancher Junghund beschreiben. Auf einmal brüllen die Typen herum, nur weil hund mal kurz den Jungkühen auf der Weide „Guten Tag“ sagen wollte oder sich erst noch genüsslich im toten Fisch gewälzt hat, bevor er freudestrahlend auf den 20. Ruf heran getrabt kam. Da hat man als Hund auch gar keine Lust mehr zu kommen, wenn die plötzlich so ungechillt reagieren
Fakt ist ab dem 5. Lebensmonat (beziehungsweise bei den großen Rassen etwas später) entwickelt sich bei Hunden Geschlechts- und Jagdtrieb, oder auch andere typische Verhaltensweise die in der jeweiligen Rasse genetisch verankert sind. Der Dobermann, der im Dunkeln auf einmal den Mann an der Bushaltestelle verbellt oder der Dackel, der plötzlich munter über den Acker auf einer für uns unsichtbaren Fährte davon hoppelt, zeigt kein Problemverhalten, sondern ganz natürliches Verhalten und wird mit wenig Verständnis reagieren, wenn er dafür angemeckert wird.
Wofür ist mein Hund gezüchtet?
Spätestens jetzt sollten wir uns dafür interessieren, wofür unser niedliches Babypüh ursprünglich gezüchtet wurde. Wer jetzt feststellt, dass der edle Weimaraner, den man sich so schick als Shoppingbegleiter ausgesucht hat, ein Vollblutjagdhund mit markantem Schutztrieb ist, oder dass der Chihuahua, der doch neulich noch so niedlich in der Armbeuge gekuschelt hat, die Kinder in die Nase beißt, der sollte sich zügig darum kümmern, wie man diese Tendenzen in den Griff bekommt und rassegerecht auslastet. Nicht umsonst landet eine große Anzahl Hunde mit 10 – 18 Monaten im Tierheim, weil sie für ihre Besitzer nicht mehr händelbar sind. In der Pubertät werden Neuronen im Gehirn neu verknüpft, Datenautobahnen werden festgelegt und unnötiger Ballast in Schubladen weggepackt. Bei männlichen Jugendlichen wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass sie phasenweise tatsächlich anatomisch-physiologisch schlechter hören können, warum sollte das bei Hunden anders sein? Geduld – eine in diesen Tagen wenig geschätzte Tugend – ist das Mittel zum Erfolg. Konsequentes Üben mit wenig Erwartungen und geringem Erfolgsdruck führt den renitenten Basko dahin, wo wir uns mit dem Welpen schon wähnten, zu einem freundlichen, braven Begleiter.
Auf Knopfdruck geht gar nichts
Doch stattdessen muss alles auf Knopfdruck gehen, der Hundeflüsterer erzieht den Hund doch auch innerhalb einer Sendung. Heils- bzw. Erziehungsversprechen werden im Internet, in Videos oder von selbst ernannten Hundegurus verkündet und schnell sind Herrchen und Frauchen so grob zu ihrem Hundchen, wie sie niemals werden wollten. Mit „dann habe ich ihm einen Klaps auf die Schnauze gegeben“ fängt es an und es endet mit Stachelwürger und Teletakt, die entgegen jedem Tierschutz immer noch frei verkauft werden dürfen.
Aber wann ist denn diese nervende Pubertät endlich vorbei, fragt sich manch frustrierter Besitzer. Mit der Geschlechtsreife offenkundig nicht, das wäre ja auch zu einfach. Nur weil Hugo jetzt das Bein heben kann und Tara die erste Läufigkeit hinter sich hat, ist der hoch soziale Canide in keinster Weise ausgereift, die Verhaltensbiologie spricht dann gerne von Schnöseln, die sich oft völlig selbst überschätzen und sich selbst im Wege stehen. Die bekannte Hundeexpertin Patricia Mcconnell hat mal gesagt „Für jede Hundepfote ein Jahr, dann ist der Hund erwachsen.“ Das ist ernüchternd, aber ganz realistisch. Natürlich wird vieles schon früher klappen, aber richtig verlassen kann ich mich auf meinen Hund eben erst, wenn er wirklich erwachsen ist.
Ein gutes Stück Humor kann mich als Hundebesitzer durch diese Zeit tragen, denn ein Hund, der mich austestet, sagt mir einiges über mich selbst und holt mich aus der Trägheit meiner Komfortzone – wir wollen uns ja schließlich auch weiter entwickeln, oder?
Daniela Terboven Hundeschule
Knüll 19 | 24256 Fargau | Tel. 0 43 03-92 96 80
www.hundesport-und-tanz.de
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