Legacy-Spiele zum Verschenken

16. November 2020
Auf einer Weltkarte wird bei «Pandemic Legacy» (im Bild Season 0) die Pandemie bekämpft - inklusive Karten zerreißen, Sticker aufkleben, Boxen öffnen, Felder auf Karten aufrubbeln und spannenden Storytwists. Foto: Z-Man/Asmodee/dpa-tmn

Von Städtebau bis Pandemie: 5 empfehlenswerte Spiele

Eine Spielkarte zerreißen, neue Regel-Sticker in die Anleitung kleben oder das Spielbrett beschriften? Was verrückt klingt, hat sich in der Brettspielszene längst zu einem Trend entwickelt: So genannte Legacy-Spiele (engl. Vermächtnis) mit permanenten Veränderungen des jeweiligen Spiels von Partie zu Partie werden immer häufiger veröffentlicht.

Alleine bei den diesjährigen Nominierungen zu den Branchenpreisen «Spiel des Jahres« und «Kennerspiel des Jahres» waren mit « My City» und « The Kings‘ Dilemma» zwei Legacy-Spiele dabei.

«Sie sind etwas Besonderes, weil es sich anfühlt, als stehe richtig etwas auf dem Spiel. Es ist wie ein Essen in einem netten Restaurant. Es wird genau einmal passieren und man kann nicht zurückgehen und von vorne beginnen», erklärt Spiele-Entwickler Rob Daviau die Faszination dieser Gattung.

«Risiko Evolution» als erstes Legacy-Spiel

Der 50 Jahre alte Amerikaner hatte vor rund elf Jahren die Idee und brachte «Risiko Evolution» im Jahr 2011 als erstes Legacy-Spiel überhaupt auf den Markt: Eine Variante des Klassikers «Risiko», bei der gelegentlich Länderkarten für immer zerstört werden oder bestimmte Gebiete auf dem Spielbrett permanent Spezialaufkleber erhalten.

Anfangs verschlossene Boxen werden aufgerissen, Umschläge geöffnet und immer wieder kommen neue, teils überraschende Elemente ins Spiel.

«Risiko Evolution» war so beliebt, dass es mittlerweile vergriffen ist. Doch das Prinzip, mehrere Partien hintereinander zu spielen und so das ganze Spiel zu verändern, war geboren.

Legacy-Spiele sind irgendwann zu Ende gespielt

Wegen der sich fortsetzenden Story ist es am besten, alle Partien mit den gleichen Mitspielern zu absolvieren. Nach einer bestimmten Anzahl Spiele sind Legacy-Spiele beendet – und in der Regel gleicht dann kein Spielbrett dem anderen. Nur wenige Spiele können anschließend noch weitergezockt werden. Wegen der geringeren Nachhaltigkeit gibt es auch Kritiker an diesem Prinzip.

«Das klassische Legacy-Spiel wollen wir deshalb nicht machen, weil wir es ablehnen, dass Spielmaterial zerstört wird», sagt Autor und Verlagsinhaber Reiner Stockhausen von dlp games. «Auch die Endlichkeit der Partien finden wir nicht konstruktiv.» Stockhausen bevorzugt in seinem Hause eher Spiele, die zurücksetzbare Kampagnen-Elemente haben, wie zum Beispiel beim Spiel «Maracaibo».

Doch die meisten Verlage sind offen für Legacy-Spiele. Insbesondere die oft spannende Story erzeugt häufig eine Sog-Wirkung. Beim beliebten « Pandemic Legacy» ist die Geschichte so dicht, dass teilweise Serien-Feeling aufkommt. Die Süddeutsche Zeitung schrieb 2016 sogar vom «besten Brettspiel der Welt».

«Es ist auch eine Erfahrung und nicht nur ein Spiel», erklärt Daviau, der als Co-Autor mit Matt Leacock «Pandemic Legacy» entwarf. «Es ist eine Story, in der man leben und die man ausgestalten kann», sagt Daviau. Im Herbst 2020 erschien der dritte Teil, der vor den anderen beiden spielt und ein Agenten-Setting hat: «Pandemic Legacy – Season 0».

Fünf empfehlenswerte Legacy-Spiele kurz vorgestellt:

– «My City»: Das Puzzle-Spiel, bei dem jeder immer wieder seine eigene Stadt bauen muss, ist sehr zugänglich, schnell gespielt und dadurch bestens für Familien geeignet. Angenehm ist, dass die bis zu vier Spieler gleichzeitig spielen und niemand warten muss: Eine Karte wird gezogen und alle positionieren das entsprechende Puzzleteil auf dem eigenen Spielplan, um bestimmte Ziele zu erreichen.

Die Kampagne beinhaltet acht Kapitel mit jeweils drei Szenarien. Anschließend gibt es zudem auf der Spielplan-Rückseite einen Modus, der immer wieder gespielt werden kann. Sehr kurzweilig.

– « Pandemic Legacy»: Das kooperative Spiel basiert auf dem Spiele-Klassiker «Pandemie» und ist dementsprechend leider hochaktuell. Gemeinsam versuchen die Spieler auf einer Weltkarte eine Pandemie zu bekämpfen, und für vier unterschiedliche Krankheiten Gegenmittel zu finden. Die Spieler, die jeweils unterschiedliche Charaktere spielen und entwickeln, haben im Spiel 12 Monate (Spiele) Zeit, um die Kampagne bestmöglich abzuschließen. Bei einer Niederlage wird der Monat einfach nochmal gespielt.

« Pandemic Legacy» bietet eine fesselnde Geschichte mit etlichen Legacy-Elemente: Karten zerreißen, Sticker aufkleben, Boxen öffnen, Felder auf Karten aufrubbeln und spannende Storytwists.

– «The King’s Dilemma»: Der Fokus liegt bei diesem Spiel klar auf der gut erzählten Geschichte. In einer fiktiven mittelalterlichen Welt vertritt jeder eine Familie (Haus) im königlichen Rat. Der König braucht bei kniffligen Entscheidungen immer wieder die Hilfe des Rates. Dabei gilt es, in einem Abstimmungsverfahren die Mitspieler geschickt auf seine Seite zu ziehen – sei es durch Überzeugungskraft oder Bestechung, um so seine eigenen Ziele zu erfüllen. Thematisch könnte es das inoffizielle Brettspiel zur TV-Serie «Game of Thrones» sein.

Die Story hat es durchaus in sich und richtet sich vor allem an Erwachsene oder ältere Kinder. Am besten zu fünft. Bei entsprechender Vorbereitung auch gut über Videokonferenz spielbar.

– « The Rise of Queensdale»: Auch ein Spiel mit royalem Thema – die Spieler übernehmen jeweils die Rolle eines Baumeisters des königlichen Schlosses von König Nepomuk II. Jeder Charakter besitzt persönliche Ziele. Würfel können mit Aufklebern individuell gestaltet werden, auch der Spielplan mit wabenförmigen Teilen entwickelt sich von Partie zu Partie weiter. Mit einem lilafarbenen Pömpel werden die einzelnen Teile herausgezogen und wieder eingesetzt. Reichlich Material sorgt für Verwaltungsaufwand zwischen den Spielen, doch insgesamt sorgt das langsam komplexer werdende Regelwerk für dauerhafte Spielfreude.

– « Gloomhaven»: Alleine die Schachtel ist eine Wucht. Zehn Kilogramm wiegt das Spiel, das in einer Fantasy-Umgebung angesiedelt ist. Der Inhalt ist nur etwas für erfahrene Spieler, die jeweils einen eigenen Charakter durch bis zu 95 Szenarien steuern. Die Spieler agieren gemeinsam und kämpfen gegen Monster. Doch jeder Charakter hat auch ein geheimes Lebensziel – wenn dieses erreicht wird, geht er in Rente und der Spieler kann die nächste von insgesamt 17 Klassen durch die Gloomhaven-Welt führen.

Berlin (dpa/tmn)

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