So funktioniert der "Flipped Classroom"
In der Corona-Krise sind viele Schüler, Eltern und Lehrer erstmals mit digitalem Lernen in Berührung gekommen. Doch auf welche Lernmethoden kommt es an? Und welche Geräte braucht man?
«Viele Lehrer verstehen unter Digitalisierung, dass sie eingescannte PDFs per E-Mail verschicken», sagt Jürgen Möller. Der Leiter der Kölner Akademie für Lernpädagogik macht sich keine Illusionen darüber, wo Deutschland bei der Digitalisierung des Lernens steht.
Dabei seien die Möglichkeiten und Chancen vielfältig. «Die Digitalisierung bietet vor allem die Chance zur Individualisierung», meint Möller. «Man kann jedem Schüler die Materialien anbieten, die er benötigt, um für sich Wachstum zu erfahren.» Das sei natürlich ein ganz anderes Modell als der klassische Unterricht.
Beim Konzept des umgedrehten Unterrichts (Flipped Classroom) erarbeiteten sich die Kinder dagegen die Lerninhalte zunächst daheim und in der Schule gebe es dann aufbauende Übungen, so Möller. Für den Part zu Hause könnten Lehrer digitale Lernmaterialien produzieren.
Die Mischung macht’s
So könnte digitales Lernen auch zukünftig in den Schulbetrieb integriert werden. Generell sei dem Lernerfolg ein Mischen der Methoden sehr zuträglich, weiß Möller: «Analoges Material zum Ausdrucken, digitales Material, persönliche Betreuung in der Sprechstunde und ein individuelles Lerntempo.»
Florian Sochatzy, Geschäftsführer des Instituts für digitales Lernen in Eichstätt mahnt an, dass man nicht den Fehler begehen sollte, die Methoden und Inhalte der Schule des 19. Jahrhunderts ins digitale Zeitalter zu übertragen.
Vielmehr sollten Tools genutzt werden, die die Kommunikation und Interaktion anregten und die Schülermotivation aus eigenem Antrieb heraus förderten. Denn: «Lernen soll Freude bereiten und spannend sein», sagt Sochatzy.
Kein digitaler Frontalunterricht
Viele Schulen haben nun für den Fernunterricht auf reine Videochats zurückgegriffen. Wichtig sei jedoch vor allem ein System, das auch digitale Zusammenarbeit (Kollaboration) samt Austauschräumen (Breakout Rooms) für die Gruppenarbeit von Schülerinnen und Schüler bietet. Das erspare beiden Parteien stundenlangen Frontalunterricht, meint der Medienberater und Lehrer Andre Hermes.
Ein populäres Beispiel mit all diesen Möglichkeiten, das an vielen Schulen während der Corona-Krise etabliert wurde, ist das quelloffene Webkonferenzsystem Big Blue Button.
All dies stehe und falle jedoch mit den digitalen Fähigkeiten und Erfahrungen der Lehrerin oder des Lehrers. Die momentane Fokussierung des digitalen Lernens auf reine Videochats kritisiert Hermes: «Nach der Corona-Krise wird diese Art des Unterrichtens durch Videokonferenzen überhaupt nicht mehr in der Schule gebraucht werden.»
Netzwerkhandlungen üben
Stattdessen plädiert Hermes für die Verstärkung sogenannter Netzwerkhandlungen. «Man könnte auf digitalen Kanälen kommunizieren, digitale Ergebnisse produzieren und diese etwa von anderen Schülern redigieren lassen», erklärt der Experte. «Solche typischen Netzwerkhandlungen, wie sie auch später in der Arbeitswelt vorkommen, kann man sowohl online als auch offline machen.»
Mit der wichtigste Aspekt beim digitalen Lernen ist die technische Ausstattung. «Es gilt grundsätzlich Technik vor Pädagogik», meint Hermes. «Ich kann mir noch so schöne pädagogische Konzepte ausdenken, wenn ein Schüler kein eigenes Gerät hat, das Familiengerät gerade im Home-Office gebraucht wird oder der Schüler keine Internetverbindung hat, dann erreiche ich den Schüler nicht.»
Für Lernanwendungen sei ein mobiles Gerät deutlich besser geeignet als ein PC, meint Florian Sochatzy. In der Schule spielten natürlich Fragen wie Akkulaufzeit, die Tragbarkeit von Geräten oder auch deren Stabilität eine große Rolle, sagt Sochatzy. «Daher nehmen wohl auch viele in den Schulen Tablets oder auch iPads, weil diese einfach sehr stabil sind.»
Eichstätt/Osnabrück (dpa/tmn) von Eva Boller, dpa
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