Reisende genießen Spezialitäten!
Kaffee oder Tee? Diese Frage wurde am Ende des 17. Jahrhunderts in Deutschland immer häufiger gestellt. Zunächst beim Adel und später auch bei den anderen Ständen.
Die regionalen Kulturen rund um die beiden Genussmittel haben nichts zu tun mit Coffee to go oder einem schnellen Glas Tee. Sie sind Ausdruck eigener Lebensart. Hier können Besucher in alte Traditionen eintauchen:
Britischer Afternoon Tea in Wiesbaden
Teatime und Cream Tea gehören in England zum Alltag. Eine spezielle Tradition entwickelte sich im 19. Jahrhundert, als eine Hofdame Queen Victorias es nicht bis zum 20 Uhr Supper abwarten konnte. Sie lud zum gepflegten Gespräch bei einer Zwischenmahlzeit namens Afternoon Tea.
Noch heute isst man, was die Etagere präsentiert, von unten nach oben, also zuerst Sandwich, dann das Hefegebäck Scones mit dem Streichrahm Clotted Cream und Erdbeermarmelade. Zum Schluss sind Kuchen oder Cupcakes dran. So zelebrieren es auch einige ambitionierte Luxushotels in Deutschland.
Sandra Jakobian hat dagegen den Ehrgeiz, in ihrem kleinen britischen Spezialitätengeschäft in Wiesbaden die besten Sandwiches und Scones zu servieren. Damit Qualität und Frische an den Tischen im Laden vor der Backstube auch stimmen, gibt es den Afternoon Tea nur auf Vorbestellung freitags und samstags.
Adresse: Britmania, Untere Albrechtstrasse 3, 65185 Wiesbaden (Tel.: 0611/97 16 11 81, E-Mail: jakobian@britmania.de, www.britmania.de).
Bergische Kaffeetafel in Nümbrecht
Wenn es etwas zu feiern gab, kam südlich von Köln stets alles auf den Tisch, was die Speisekammer hergab. Daraus entwickelte sich vom 18. Jahrhundert an die Bergische Kaffeetafel.
So ein geselliges Versammeln kann Stunden dauern, beginnt mit Süßem, geht über ins Deftige und endet für Erwachsene meist mit einem Schnaps. Ohne Rosinenstuten, Waffeln, Zimtreis und die legendäre Dröppelmina geht nichts. Die bauchige Kranenkanne aus Zinn hält den Kaffee warm. Die Wohlhabenden zapften das Luxusgetränk einfach selber in die Indischblau-Tasse. Hundert Jahre später stand die Kanne dann auf vielen festlich gedeckten Tischen.
Ab 1900 lockten die Landgasthäuser die Städter sonntags aufs Land an die Bergische Kaffeetafel. In dieser Tradition steht auch das Pfannkuchen-Haus im Luftkurort Nümbrecht. Es ist eines der wenigen Häuser, die den Aufwand täglich schon für zwei Personen servieren. «Auf Voranmeldung», sagt der Wirt Andreas Weber. «Die Waffeln sind zwar schnell frisch gemacht, aber die Stuten haben wir nicht immer vorrätig.» Tipp in der Umgebung: das Barockschloss Homburg.
Adresse: Pfannkuchen-Haus, Hauptstraße 60, 51588 Nümbrecht (Tel.: 02293/35 30, E-Mail: a.weber@pfannkuchen-haus.com www.nuembrechter-pfannkuchenhaus.de).
Asiatische Teezeremonien in Düsseldorf
Die Wiege des Tees liegt in China. Buddhistische Mönche brachten das Getränk im 6. Jahrhundert nach Japan, wo es bald im Mittelpunkt einer achtsamen Zeremonie stand. Und wie der grüne Matcha-Tee im EKO Haus der japanischen Kultur in Düsseldorfs Stadtteil Niederkassel einmal im Monat in einem festgelegten Ritus aufgeschlagen und serviert wird, geht auf einen Teemeister des 16. Jahrhunderts zurück.
«Solche Zeremonien sind das Herzstück des Teeweges, und der ist eine buddhistisch geprägte Lebenseinstellung», erklärt Anna Friedel, die mitten im größten japanischen Viertel Europas einen Teeladen und eine Galerie betreibt. Sie bietet Verkostungen und Teezeremonien. Die Gäste erfahren von der Kennerin der asiatischen Teetraditionen auch etwas über Kultur, Anbau und Herkunft.
Adresse: ANMO ART/CHA, Bendemannstraße 18, 40210 Düsseldorf (Tel.: 0211/38 73 17 41, E-Mail: info@anmo-art-cha.com, https://anmo-art-cha.com).
Teetied in Ostfriesland
Teetied, also Teezeit, die zwischen 10 und 11 sowie zwischen 15 und 17 Uhr beginnt, ist im Leben eines Ostfriesen eine feste Zeit. «Mit Tee haben die Torfstecher früher ihre harte Arbeit auf dem Feld unterbrochen», weiß Celia Hübl, Leiterin des Bünting Teemuseums in Leer. Seit 1806 wird im Hause Bünting der typische Ostfriesentee gemischt. Es waren wohl die wohlhabenden Bauern, die im späten 18. Jahrhundert aus der einfachen Teepause eine Zeremonie machten.
Warum man den Tee nicht umrührt und was es mit Kluntje (Kandis), Rohm-Lepel (Rahmlöffel) und Wulkje (Wolke) auf sich hat, erfahren die Besucher anhand von Exponaten und im Gespräch mit den Guides in der kulturgeschichtlichen Ausstellung. Die Teestunde im Museum mit drei Tassen Kostprobe fällt coronabedingt derzeit aus.
Adresse: Bünting Teemuseum, Brunnenstraße 33, 26789 Leer (Tel.: 0491/99 22 0 44, E-Mail: info@buenting-teemuseum.de, www.buenting-teemuseum.de).
Pharisäer in Nordstrand
«Ihr Pharisäer», rief der Pastor 1872 am Ende einer Tauffeier auf der Insel Nordstrand vor Husum. Der Geistliche hatte entdeckt, dass im süßen, starken Kaffee unter der Sahnehaube eine gehörige Portion Rum versteckt war. Damit hatte das scheinheilige Getränk seinen Namen weg. Der Bauernhof ist heute zum Hotel «Pharisäerhof» mutiert.
Der Rumkaffee hat die ganze nord- und ostfriesische Küste samt Inseln erobert. «Wir servieren den Pharisäer original in Tassen des Kaffeegeschirrs Indischblau», sagt der Wirt Detlef Scheler.
Bei Scheler sind es 4 cl eines eigens angewärmten traditionellen Flensburger Rums. «Im Winter ist das ideal, nachdem man sich auf dem Deich mal so richtig durchpusten lassen hat.». Im «Cafè mit Schwips» gibt es auch ein Stück hausgemachte Pharisäertorte – rumgetränkt.
Adresse: Pharisäerhof, Elisabeth-Sophien-Koog 3, 25845 Nordstrand (Tel.: 04842/353, E-Mail: E-Mail: info@pharisaeerhof.de, www.pharisaerhof.de).
Wiesbaden (dpa/tmn)
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