Viele Visionen im Gepäck: die CAU-Präsidentin

15. Februar 2021
Die Präsidentin der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hält sich mit joggen fit für ihre große Herausforderung.

"Die Universität ist kein Elfenbeinturm!"

Sie ist die erste Frau auf dem Präsidenten-Stuhl der Kieler Uni und jemand, der sein Leben lang für die Wissenschaft gelebt und gearbeitet hat. Die Medizinerin Simone Fulda regelt seit Oktober letzten Jahres die Geschicke der Christian-Albrechts-Universität und hat jede Menge Visionen im Gepäck. Wir treffen sie in ihrem Büro auf dem Universitätsgelände – das Hochhaus ist ruhig, kaum Studierende, eine andere Uni ist das zu Corona-Zeiten. Für Simone Fulda ist ihr Job eine Lebensaufgabe, die Universität kein Elfenbeinturm, Impulse der Gesellschaft für die Forschung außerordentlich wichtig, joggen und Klavier spielen gut für Seele und Geist und Lernen ein sozialer Prozess.

WITC: In einem Beitrag vom NDR konnte man Sie joggend an der Kiellinie sehen. Wie oft machen Sie das?

SIMONE FULDA: Das mache ich regelmäßig, auch als Konditionstraining. Ich bin ja Medizinerin. Es ist wichtig, dass man einen Ausgleich hat und auch präventiv an die Gesundheit denkt und etwas für seinen Herz-Kreislauf tut. Außerdem ist es eine tolle Möglichkeit, Impulse für neue Ideen zu bekommen. Ich habe beim Joggen einfach auch gute Einfälle. Man braucht für so eine fordernde Position auch Ausdauer – und da ist Ausdauertraining genau richtig.

WITC: Wie viele Stunden Schlaf brauchen Sie?

Ich habe mal von einem Kollegen gelernt, dass man fürs Gehirn fünf Stunden Schlaf braucht und alles andere für die Schönheit ist. Es ist wichtig für mich, eine effektive Zeitplanung zu haben, um mich auch auf die wesentlichen Aufgaben fokussieren zu können. Dabei wird man immer noch nicht alles bedienen können: Selbst, wenn man einen Arbeitstag hat, der auch kein Wochenende kennt. Aber das ist für mich gar kein Problem, weil mir die Arbeit einfach ausgesprochen viel Spaß macht. Ich sehe es als Lebensaufgabe, nicht als Arbeit.

WITC: Wie vereinbaren Sie bei diesem Anspruch Job, Familie und Freizeit?

Ich habe keine Kinder. So ist es für mich leichter möglich, die Dinge in dieser Art und Weise umzusetzen. Natürlich ist es immer eine Frage, wo man Schwerpunkte setzt. Letztlich habe ich meinen Fokus auf den Beruf gelegt – das war mir immer wichtig. Ich glaube auch, dass es heutzutage noch einmal anders ist als vor 20 Jahren – die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist heute sicherlich einfacher, auch wenn es immer noch eine Herausforderung bleibt.

WITC: Wie hoch ist der Respekt vor dem Job als Präsidentin der CAU?

Der ist schon sehr, sehr groß. Eine sehr große verantwortungsvolle Aufgabe. Das ist eine große Universität – die Leitungspersonen einer Universität sind entscheidende Personen. Ich denke, dass ich aufgrund meiner Erfahrungen und Kompetenzen der letzten Jahre da schon wesentliche Voraussetzungen mitbringe, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Ich habe mir natürlich vorher gut überlegt, ob diese Art der Position das Richtige für mich ist.

WITC: Sie sehen die Universität als zentralen Akteur in der Gesellschaft?

Ich sehe es als Aufgabe der Universität des 21. Jahrhunderts eben nicht ein Elfenbeinturm für die Wissenschaft zu sein, sondern auch eine zentrale Rolle als Akteurin in der Gesellschaft zu spielen. Dies möchte ich aktiv vorantreiben.
Die Interaktion und das Zusammenwirken mit der regionalen Wirtschaft ist ein Anliegen der Universität. Unsere Spitzenforschung ist Voraussetzung für die herausragende Ausbildung unserer Studierenden – die ja dann auch wiederum in den regionalen Arbeitsmarkt gehen. Aber auch Ausgründungen, Patente, Start-ups – es gibt viele Schnittstellen des Wissenschafts- und Technologietransfers in die Wirtschaft, aber auch Wissenstransfer in die Gesellschaft. Auch hier öffnet sich die Universität immer weiter: Beispiele wären die Kieler Forschungswerkstatt oder Bürgerdialoge. Darauf will ich aufbauen – da sind wir als Uni auch in der gesellschaftlichen Verantwortung: Wir müssen unser Wissen in die Gesellschaft tragen. Und wir müssen umgekehrt auch Impulse aus der Gesellschaft in unsere Forschungsarbeit aufnehmen.

WITC: Ist das nicht gerade in der heutigen Zeit von außerordentlicher Bedeutung?

Ja. Zum Beispiel in Zeiten von „Fake News“, in Zeiten, wo bestimmte Dinge entgegen aller wissenschaftlichen Fakten angezweifelt werden. Die Corona-Pandemie zeigt uns: Die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft hängt von der Wissenschaft ab. Wir brauchen ebenfalls neue wissenschaftliche Erkenntnisse für soziale und wirtschaftliche Innovationen. Das ist umso wichtiger, wenn man sich jetzt die großen gesellschaftlichen Herausforderungen anschaut. Unsere Gesellschaft braucht die Wissenschaft. Dieser Verantwortung müssen wir uns gerade auch als einzige und größte Landesuniversität stellen.

WITC: Vor welcher Herausforderung sieht sich die CAU im Hinblick auf die Pandemie?

Corona ist eine riesengroße Herausforderung, bietet aber gleichzeitig auch Chancen, zum Beispiel haben die letzten Monate der Digitalisierung in der Lehre einen riesengroßen Schub gegeben. Gleichzeitig gilt es, die Erfahrungen vom letzten Semester auszuwerten und die digitale Lehre weiterzuentwickeln. Und wir haben gesehen, wie wichtig auf der anderen Seite die Präsenzveranstaltungen sind. Die Interaktionen mit den Lehrenden und den Mitstudierenden spielen eine wesentliche Rolle – das hat man vorher sicherlich nicht so wertgeschätzt. Lernen ist auch ein sozialer Prozess.

WITC: Stichwort Chancengleichheit …

Ist mir ein wichtiges Anliegen. Ich möchte Frauen in Führungspositionen fördern. Und dafür ist es sicherlich gut, dass auch eine Frau an der Spitze ist. Man ist ja auch ein Rollenmodell – ob man es möchte oder nicht. Das ist sicherlich auch ein Signal, um junge Kolleginnen zu motivieren.

WITC: Wo tanken Sie persönlich Kraft auf?

Wenn ich auf meinem Konzertflügel spiele, ist das ein wunderbarer Ausgleich zu meinem sonstigen Tun.

WITC: Wovon träumen Sie noch?

Ich war eigentlich nie eine Person die geträumt hat. Ich war und bin eher inhaltsgetrieben mit einer Zielvorstellung. Jetzt geht es darum, meine heutigen Visionen umsetzen zu können. Ich träume jetzt nicht davon, was danach kommt.

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