Schleswig-Holsteins Wälder: Linde Schnipkoweit und der Geist nachhaltiger Forstwirtschaft

12. November 2023
Wälder in Schleswig-Holstein

IM INTERVIEW: FÖRSTERIN LINDE SCHIPKOWEIT

Die schleswig-holsteinischen Landesforsten sind mit 32 Förstereien in ganz SH präsent. Linde Schnipkoweit arbeitet bei den Landesforsten als Produktionsleiterin. Wir wollten von ihr wissen, wie es um unsere Wälder steht.

Der Wald wächst langsam und verzeiht Fehler auch nur langsam, da müssen Entscheidungen immer sehr bedacht sein. In Schleswig-Holstein lebt der Geist der nachhaltigen Forstwirtschaft schon lange, wahrscheinlich auch besonders, da unser Bundesland mit ca. elf Prozent Waldanteil eines der waldärmsten Bundesländer ist und durch die Reparationshiebe nach dem Krieg viele Waldflächen verloren gingen.

Name: Linde Schnipkoweit  

Alter: 34

Beruf :Försterin

Familie: verheiratet, 3 Kinder

Hobbys: Laufen, Rad fahren, Garten

Lieblingsbuch:  Ronja Räubertochter war es früher,
heute sind es die Krimis von Stieg Larsson

Woman in the city: Was verbindet Sie mit dem Wald? 

Linde Schnipkoweit: Der Wald ist ein sehr lebendiger Lebensraum, der in seiner Zusammensetzung aus der Tier- und Pflanzenwelt komplex ist, das fasziniert mich. Schon als Kind hat mich die Umgebung Wald sehr geprägt, mein Großvater, mein Vater und meine Mutter waren oder sind Förster und Försterinnen mit Leidenschaft. Besonders ist der Frühling im Wald, wenn alles anfängt zu grünen und zu blühen. Die Douglasien- und Fichtenblüte verströmt einen herrlich zitronigen Duft. Da muss man sich den Moment einmal nehmen – innehalten und durchatmen. Aber auch der Sommer im Wald ist schön, die Bewohner des Waldes sind in voller Kraft und das Innenklima des Waldes ist einfach toll.

WITC:Wie berühren Sie die Veränderungen, die unsere Wälder aufgrund des Klimawandels zu bewältigen haben?

Glücklicherweise haben viele Forstleute bei uns im Land, vor allem in den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten, schon vor Jahrzehnten begonnen, Wälder in strukturreichere Mischwälder umzubauen, davon profitieren wir hier in Schleswig-Holstein sehr. Mischwälder sind aufgrund der größeren Vielfalt an Baumarten und ihrer Struktur mit ungleichalten Bäumen auf der Fläche besser gerüstet gegen Stürme und Extremwetterereignisse. Insofern berührt mich diese Thematik schon seit meiner Kindheit.Allerdings beobachte ich die flächigen Schäden in reinen Fichtenbeständen in anderen Teilen Deutschlands mit Sorge.

WITC: Heute gibt es einige Frauen, die als Revierförsterin arbeiten – u.a. Ihre Mutter. Haben Sie das immer als Selbstverständlichkeit nehmen können?  

Ich denke in heutiger Zeit ist einiges selbstverständlicher geworden bezüglich typischer Berufsbilder für Männer oder für Frauen. Meine Generation kam schon in die Lage – zumindest in der grünen Branche – eine recht gute Akzeptanz der Frauen im Beruf zu erleben.

WITC: Sie sind Produktionsleiterin bei den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten. Was genau ist Ihr Job? 

Als technische Produktionsleitung bin ich verantwortlich für die Organisation und Disposition der Dienstleistungen für die Holzernte und die Überwachung der Qualität. Ausstattung unseres eigenen Betriebes mit Gerät, Material und Maschine gehört ebenso dazu, wie Abstimmung mit allen Förstereien der Landesforsten im Land zu anfallenden Arbeiten auf der Fläche und Einsatz unserer Stammunternehmen für die Holzernte. Mir gefällt besonders der gute Austausch und die Zusammenarbeit mit allen. Unser Beruf zieht meist sehr engagierte und überzeugte Menschen an, das inspiriert mich jeden Tag.

WITC: Welche Bäume lieben Sie am meisten? 

Na ja, lieben ist vielleicht übertrieben, aber ich mag besonders die Eiche und die Douglasie. Eichen können so herrlich knorrige Vertreter werden und die Douglasie beeindruckt mit ihrem Duft und ihrer Wuchskraft.

WITC: Was genau tun die Landesforsten den Wäldern Gutes? 

Die Landesforsten sind seit Jahrzehnten in vielen Wäldern des Landes mit gutem Beispiel vorangegangen und haben schon vor 30 Jahren in einigen Regionen begonnen, die Wälder in artenreichere Mischwälder umzubauen. Das bedeutet zum Beispiel, in reine Fichtenbestände kleine Rotbuchen „voranzubauen“ und weiterzuentwickeln. Und das machen wir in unseren Wäldern heute auch, dabei wird auf standortangepasste Baumartenwahl und gesicherte Herkünfte des Pflanzgutes geachtet. Außerdem sind die Landesforsten mit einigen Projekten der Moorrenaturierung auf eigenen Flächen engagiert und immer auf der Suche nach neuen Flächen für Aufforstungen um neue Wälder entstehen zu lassen. Wir bezeichnen dies als „Drei – Säulen – Strategie“: Neuwaldbildung, Waldumbau und Moorschutz.

WITC: Was  bedeutet nachhaltige Forstwirtschaft? 

Der Begriff Nachhaltigkeit wurde schon früh in der Forstwirtschaft verwendet (1713 Carl v. Carlowitz) um zu beschreiben, dass immer nur so viel genutzt werden darf, wie auch nachwachsen kann. Heute ist dieser Begriff in aller Munde. Uns als naturnah denkende und arbeitende Förster und Försterinnen beschäftigt dieses Thema alltäglich bei allen unseren Entscheidungen. Der Wald wächst langsam und verzeiht Fehler auch nur langsam, da müssen Entscheidungen immer sehr bedacht sein. In Schleswig-Holstein lebt der Geist der nachhaltigen Forstwirtschaft schon lange, wahrscheinlich auch besonders, da unser Bundesland mit ca. elf Prozent Waldanteil eines der waldärmsten Bundesländer ist und durch die Reparationshiebe nach dem Krieg viele Waldflächen verloren gingen.

WITC: Wie sollten wir uns im Wald verhalten? 

Alle Waldbesuchenden sollten sich bewusst sein, als Mensch nur Gast im Lebensraum Wald zu sein und sich auch dementsprechend höflich und respektvoll im Wald verhalten.

WITC: Geben Sie uns doch bitte Tipps, in welchen Wäldern in SH wir einen wunderbaren Winterspaziergang machen können? 

Ich liebe die Ursprünglichkeit der Hahnheide und die Vielfalt in Krummland bei Ascheffel – aber die Nadelwälder bei Rickling sind mir besonders im Winter seit meiner Kindheit das Liebste.

WITC: Wie oft umarmen Sie einen Baum? 

Das bleibt mein Geheimnis.

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