Mut zum Tierschutz – Anne Hamesters Kampf entspringt dem tiefen Wunsch, Tierqual zu beenden
,,Wir behandeln Tiere eher wie Gegenstände als wie fühlende Wesen."
Anne Hamester | GESCHÄFTSFÜHRERIN PROVIEH E.V. (Verein gegen tierquälerische
Massentierhaltung) | www.provieh.DE | Kiel
WITC: Wieviel Mut brauchen Sie, um bei PROVIEH für den Tierschutz von Nutztieren zu „kämpfen“?
Anne Hamester: Täglich leiden sogenannte Nutztiere unter unzumutbaren Haltungsbedingungen. Der Mut, gegen diese Bedingungen anzukämpfen, entspringt aus dem tiefen Wunsch, die Tierqual bei Kühen, Schweinen und Hühnern zu beenden. Meine Tätigkeit in der Tierschutzorganisation PROVIEH verlangt mir beizeiten einiges ab, es braucht ein dickes Fell und großen Durchhaltewillen angesichts der miserablen Bedingungen. Auch bei mir gibt es Tage, da möchte ich mir nur die Decke über den Kopf ziehen und diese Realität ausblenden. Aber ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es in diesen Zeiten so dringend mutige Menschen braucht, die sich engagieren und die bereit sind Verantwortung zu übernehmen in einer Welt, die vor großen Herausforderungen und Veränderungen steht. Solche Menschen sammeln sich bei PROVIEH und wir freuen uns über weitere mutige Mitstreiter. Gemeinsam heißt es: Mit Mut voran für mehr Tierschutz in der Landwirtschaft!
Was lässt Ihr Herz höherschlagen, wenn es um den Schutz von Tieren geht bzw. woran mögen Sie fast verzweifeln?
Anne Hamester: Wenn ich mit Kühen auf der Weide, mit Schafen auf dem Deich oder mit Hühnern im eigenen Garten nah an den Tieren bin, die artgemäß ihren Bedürfnissen nachgehen können, stärkt und inspiriert mich das sehr. Wer zum Beispiel schon einmal Rinder beobachten durfte, nachdem sie im Frühling wieder auf die Weide dürfen, dem geht das Herz auf: Die Tiere springen vor Freude und jedem Beobachter wird klar, wie sehr Kühe und Kälber die Weide für ihr Wohlbefinden brauchen. Nutztiere werden heute jedoch noch größtenteils in eine tierquälerische Haltungsform gedrängt, lebendig quer durch die Welt verschifft, genetisch und in Form von Amputationen körperlich verändert – ohne zu berücksichtigen, dass sie dabei Schmerzen, Ängste und Leiden empfinden. Wir behandeln Tiere eher wie Gegenstände als wie fühlende Wesen. Diesen Zustand möchte PROVIEH ändern. Gewisse Teile von Wirtschaft und Politik wünschen sich, diesen Zustand genauso beizubehalten und weisen jede Notwendigkeit zur Veränderung von sich. Solche Haltungen lassen mich beizeiten verzweifeln, aber wir kämpfen weiter für ein besseres Leben unserer Nutztiere!
Wie halten Sie es selber? Essen Sie Tiere? Haben Sie Haustiere?
Anne Hamester: Ich habe das Glück, Teil einer solidarischen Landwirtschaft, den Schinkeler Höfen, zu sein und hier wöchentlich neben leckerstem Gemüse und Brot auch Milch- und Fleischprodukte von Kühen und Ziegen aus Bio-Freilandhaltung zu bekommen. Hier werden nach höchsten Standards regionale, ökologische und tierfreundliche Lebensmittel vor den Toren Kiels erzeugt. Ansonsten ernähre ich mich weitgehend pflanzenbasiert – und das mit großem Genuss! Haustiere habe ich keine, aber ich komme von einem Milchviehbetrieb aus Nordfriesland und bin mit Kühen, Hühnern sowie Hund, Katze und Kaninchen großgeworden.
Wie ist Ihre Vision vom Umgang mit Nutztieren in unserer Gesellschaft?
Anne Hamester: Rinder, die auf der Weide grasen, Schweine, die im Erdreich wühlen und Hühner, die nach Würmern picken: PROVIEHs Vision ist zur Realität geworden und Nutztiere leben im Einklang mit ihren Bedürfnissen und ohne Leid. Diese artgemäße Nutztierhaltung entspringt einem engen Bezug zwischen genussvoller Ernährung und dem Ursprung der Lebensmittel. Die Gesellschaft ist sich der Verantwortung für Nutztiere bewusst und konsumiert Lebensmittel tierischen Ursprungs in Maßen und ausschließlich unter Berücksichtigung der Lebensbedingungen der Tiere.
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