Wie kann Neugier ein guter Lehrer sein?

von Sabrina Petersen:
Neugier hat als Charaktereigenschaft nicht unbedingt den allerbesten Ruf, andererseits kann man durch diskrete Beobachtungen auch viel lernen.
Wenn ich unter lauter fremden Leuten bin, zum Beispiel in einem Café sitze oder im Zuschauerraum einer Veranstaltung auf den Beginn warte, verliere ich mich manchmal im Beobachten oder fast „Bespitzeln“ anderer Menschen. Ich selbst merke dann gar nicht wie ich abdrifte, meine Begleitung hingegen schon. Wenn ich also unter Aufsicht, durch meine Familie oder enger Freunde bin, werde ich irgendwann angezischt „Du starrst – schon wieder!“, in die Seite geknufft und man schämt sich dabei ein bisschen für mich oder lacht mich offen aus.
Und ich streite es ja gar nicht ab, sondern gebe es offen zu, es stimmt. SORRY! Ja, ich belausche fremde Gespräche, denn ich schaue mir auch sehr gern und vor allem ganz genau an, wie sich fremde Personen miteinander und zueinander verhalten. Für mich sind die, die sich unbeobachtet fühlen, wie ein offenes Buch. Ich erfahre innerhalb kürzester Zeit so viel über die Beziehung der Personen. Das finde ich spannend und oft auch unterhaltsam. Vielleicht auch deshalb, weil ich ganz oft den Eindruck habe, dass die Protagonisten ihrer Wirkung überhaupt nicht bewusst sind.
Ohrenbetäubendes Schweigen oder offener Frontalangriff
Von der dunklen Seite der Macht angezogen, bleibe ich allerdings viel öfter bei den unschönen Szenen hängen: „Du nimmst doch mal wieder mit Absicht die gegenteilige Position ein.“ „DAS war jetzt mal wieder sowas von klar!“ „IMMER muss es nach deinem Willen gehen.“ „NIE hörst du mir zu.“ „Das habe ich dir doch schon vor Wochen gesagt.“ „Typisch.“ „Deinetwegen sind wir immer zu spät.“ „Kannst du nicht einmal…?!“ „Wenn du meinst.“
Es ist für mich wirklich erstaunlich, wie unverblümt, ja teilweise brutal manche Leute miteinander umgehen und auch noch glauben, es bekäme niemand mit. Vielleicht suchen sie aber auch die öffentliche Bühne oder es ist ihnen schlicht egal. Ich finde, mein offen stehender Mund als Ausdruck meiner Fassungslosigkeit ist in diesen Fällen durchaus gerechtfertigt, wenn auch für mich selbst nicht immer schmeichelhaft.
Ein trauriges Bild: Einsamkeit trotz Zweisamkeit
Warum machen die das, frage ich mich. Was ist da passiert oder nicht passiert, dass man sich so niedermacht oder mit völliger Nichtachtung straft. Warum geht man überhaupt noch gemeinsam essen, Kaffee trinken oder unternimmt etwas, wenn man sich absolut rein nichts mehr zu sagen hat. Warum verbringen man Zeit miteinander, wenn man sich nicht mal mehr in die Augen sehen kann. Ich beobachte dieses Phänomen übrigens in allen Altersgruppen. Während die Älteren stumpf vor sich hin brüten, ist bei den Jüngeren die Aufmerksamkeit durchgängig auf das Display des Smartphones gerichtet. Der Gipfel der Missachtung sieht dann so aus, dass sogar die Ohren durch Headphones verstöpselt bleiben.
Was kann ich tun, um nicht auch so zu werden?
Wenn ich mal wieder so eine Beobachtung gemacht habe und ganz betrübt ob der offenen Ablehnung und Missachtung bin, den Frust, die Ablehnung und die Verletzung in den Augen gesehen habe, ist das wie eine Art Weckruf für mich. So will ich nicht sein! In keiner meiner Beziehungen. Mit einem destruktiven oder passiv aggressiven Verhalten verändert oder verbessert man doch nichts. Das ist nur verschwendete Zeit. Ich bin mir sehr sicher: Wirklich niemand möchte so behandelt werden.
Und dann gebe ich mir einen Ruck, lenke den Fokus um und frage mich, was ich anders machen kann, um nicht dort zu laden. Ich versuche bessere Fragen zu stellen, mehr Anteil zu nehmen, mich ehrlich und aufrichtig in meinen Gesprächspartner einzufühlen. Es geht nicht darum gleicher Meinung zu sein, sondern darum den anderen zu verstehen. Dazu muss ich nachfragen, auch tiefer nach dem Warum fragen, mich darauf einlassen und auch mal eine unbequeme Antwort ertragen. Ich möchte offen sein und auch zugestehen können, wenn ich auf dem Holzweg war.
Wenn mein Blick auf die Welt nicht enger und enger werden soll, muss ich mich trauen auch mal die Perspektive zu wechseln. Vor allem versuche ich, mich selbst nicht zu wichtig zu nehmen, sondern den Menschen vor mir genau so zu behandeln wie er oder sie behandelt werden möchte – nicht wie ich denke, dass er es verdient hat behandelt zu werden.
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