Maßschneiderei Oppendorf

1. August 2019

Foto: Ines Matz-Boomgaarden

Weniger Verwandlung, mehr Authentizität

Auf Gut Oppendorf bietet Sünne Lindenthal jeden Sommer-Nähkurse in ihrer Maßschneiderei an. Interessiert können aber auch außerhalt der Akademie ihr Lieblingsstück schneidern.

WITC: Was müssen die Teilnehmer schon können, um an den Kursen teilzunehmen?

Sünne Lindenthal: Das Wichtigste ist die Neugier und die Begeisterung für Stoffe und Kleidung, sowie die Freude am Selbermachen. Man kann mit null Erfahrung in meine Kurse kommen. Allerdings sollten die Teilnehmer sich auf ihr schönes Projekt vorbereiten. Was soll es werden, was wird dafür gebraucht? Stoff und weitere Materialien mitbringen, sowie den Schnitt. Wenn unsicher ist, ob der Schnitt für ein Kleidungsstück passt (wovon man beinahe ausgehen muss), ist dies unsere erste Aufgabenstellung im Nähkurs.

WITC: Kann man denn in so wenigen Stunden das Kleidungsstück fertig nähen?

Das kommt auf die Einfachheit des Kleidungsstückes und auf das Geschick der Kursteilnehmer an. Ein einfacher Rock, eine Raglanbluse sind willkommene Kleidungsstücke, um schnell etwas Neues ausführen zu können. Wer mehr wissen möchte, kommt gerne wieder.

WITC: Wie genau läuft so ein Kurs ab, was kann man lernen, was vermittelst Du?

Ich hole jeden dort ab, wo er oder sie Hilfe braucht. Durch mein langjähriges Ausbilden von Lehrlingen kann ich mich auf jede noch so grundsätzliche Fragestellung einstellen. Und durch meine facettenreiche Berufserfahrung im Schneiderhandwerk gibt es fast keine Frage im technischen Ablauf, die ich nicht beantworten könnte. Das Kreative, das Gestalterische, auch die stilistische Beratung kommt als wesentliches Bonbon noch oben drauf.

WITC: Die Kunst des Selbermachens – im besonderen des Schneiders – was ist für Dich die Faszination daran?

Es ist ja mein Beruf. Ich bin Damenschneidermeisterin, so der volle Begriff im Meisterbrief. Ich muss über das Wort Faszination nachdenken, als wäre ich ein Neuling. Für mich bedeutet dies: autark sein, nämlich eine Idee/ eine Vision zu denken und diese dann mit allem handwerklichen Wissen und der gestalterischen Freude in die Wirklichkeit zu bringen.

WITC: Ist Handwerk wieder im Kommen in unserer Gesellschaft?

https://www.suenne-lindenthal.deDas deutsche Handwerk wirbt dafür, dass es „in“ ist. Ich habe den Eindruck, dass in unserer Wahnsinnsglobalisierung ein grundsätzliches breites kulturelles Wissen von „Handwerk als Kulturgut“ fast weggebrochen ist. Im Bereich der Bekleidung – in Zeiten von Jeans+Jersey – ist dies besonders spürbar. Ich vermute, im Denken vieler Menschen ist es immer noch attraktiver 4x im Jahr in den Urlaub zu jetten, als sich etwas Persönliches anfertigen zu lassen. Mal sehen, was der Bewusstseinswandel für Nachhaltigkeit/ für Klima sogar für unsere facettenreichen wertvollen Handwerksberufe bringt.

WITC: Spielt Verwandlung beim Schneidern eine Rolle?

Weniger Verwandlung als vielmehr Authentizität. Sich durch die eigene Kleidung ausdrücken und sich echt fühlen aus seinem innersten Bild und Wunsch heraus.

WITC: Was ist Dein schönstes Stück, das Du jemals geschneidert hast?
Es sind nicht nur die Hochzeitskleider – besonders schlicht oder besonders aufwendig, die hervorstechen. Das Alltagstaugliche, z.B. Blazer, Gehrock, Kurzmantel, welche mit Schlichtheit und trotzdem Raffinesse durch den Alltag getragen werden, das liebe ich immer wieder.  Und gerade fertiggestellt für eine Silberhochzeit: Kleid+Jäckchen in knallweiß+marineblau. Für ein wunderschönes Fest auf einem Schiff. Auf der Kieler Förde zur Kieler Woche.

Sünne Lindenthal | Maßschneiderei auf Gut Oppendorf
Klosterkamp 1 | 24232 Schönkirchen | Tel. 04348 – 7790
www.suenne-lindenthal.de | www.stiefelong.de

 
 

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