Lichtblicke aus der Krise

29. Juni 2021
Die Fotografin Julia Petersen verschaffte mit ihrer Aktion "Lichtblicke" Unternehmer*innen ein Gehör in der Corona-Krise. So auch Nina Rubin von der Eventwerkstatt. Nun sind ihre Fotos in einer Freilichtausstellung in Kiel zu sehen.

Lokale Unternehmer*innen im Fokus

Mit ihrer Aktion „Lichtblicke“ hat Julia Petersen Unternehmen und ihren Beschäftigten in der Corona-Krise Gehör verschafft. Ihre Bildreihe macht die IHK zu Kiel nun in einer Freiluftausstellung rund um den Kleinen Kiel zugänglich. Die Ausstellung soll mit einem realitätsnahen Bild von Unternehmerinnen und Unternehmern zeigen, wie schöpferisch und verantwortungsvoll sie sind, aber nicht unverletzbar.

Es sind Menschen, die hinter den Maschinen, an den Kassensystemen oder in den Industriehallen stehen, die im Lockdown unverschuldet nicht mehr so arbeiten und Geld verdienen konnten, wie sie es gerne getan hätten. Und weil auch sie selbst zur Untätigkeit verdammt war, machte Julia Petersen aus dieser Not eine Tugend und lichtete Betroffene aus vielen Branchen ab. Für dieses Zeichen, diesen sprichwörtlichen ‚Lichtblick‘ mitten in einer für uns alle einmaligen Krise, sind wir sehr dankbar“, sagte IHK-Präsident Klaus-Hinrich Vater beim Eröffnungsspaziergang rund um den Kleinen Kiel. Mit sehr viel Kreativität und unternehmerischem Geist habe die Fotografin und Initiatorin Julia Petersen das getan, was Unternehmerinnen und Unternehmer in dunklen Zeiten tun: weitermachen.


Auch Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Stadt Kiel, betonte das künstlerische Engagement: „Julia Petersen macht mit ihren Aufnahmen die Menschen hinter dem oft abstrakten Begriff ‚lokale Unternehmen‘ sichtbar. Denn es verbergen sich dahinter ganz konkret einzelne Menschen, die mit den Folgen der Pandemie leben und umgehen müssen. Dort Hilfestellung und pragmatische Unterstützung zu bieten, ist mir ein wichtiges Anliegen. Ich bin froh, dass wir mit ‚Kiel hilft Kiel‘ kleineren und mittleren Unternehmen, Selbstständigen und Freiberuflichen aus der Region unter die Arme greifen konnten und wünsche mir diese Solidarität auch nach der Pandemie.“
Die IHK zu Kiel feiert in diesem Jahr ihr 150-jähriges Bestehen. Vater: „Diese Aktion passt wunderbar in das Motto unseres Jubiläums: Perspektivwechsel. Wir wollen die Perspektive wechseln, und diejenigen zeigen, die in den vergangenen 16 Monaten nicht immer so im Scheinwerferlicht standen, wie sie es verdient hätten.“

Bewegend und eindrücklich habe Julia Petersen diese Geschichten und die persönliche Betroffenheit in ihrer Bildreihe festgehalten. Die Freiluftausstellung solle Mut machen und das Bewusstsein dafür schärfen, dass es keine „unpersönliche Wirtschaft“ ist, die unter den Auswirkungen der Pandemie leidet. Vater: „Dahinter verbergen sich echte Schicksale: Das Schicksal des Veranstaltungstechnikers, der Modemacherin, des Großhändlers, des Fitnesstrainers oder der Fotografin Julia Petersen.“
Die Kielerin Julia Petersen ist seit mehr als 10 Jahren selbstständige Fotografin. Viele Fortbildungen, Kontaktfreudigkeit und ein gutes Netzwerk haben dafür gesorgt, dass sie stets gut gebucht war. Dann kam Corona: „Wie bei vielen Solo-Selbstständigen wurden die meisten Aufträge abgesagt oder verschoben. Die Aktion ‚Lichtblicke‘ ist aus dem Wunsch entstanden, weiterhin kreativ zu arbeiten und Gutes zu tun“, sagte Petersen. Die Unternehmen dürfen die Fotos kostenlos nutzen, verlinken die Fotografin jedoch in den sozialen Netzwerken wie bei Instagram (@fotografiejuliapetersen). Petersen: „Schon nach kurzer Zeit kontaktierten mich viele Geschäftsbetreiberinnen, Restaurantbesitzer, Ladeninhaberinnen, Kreative und Solo-Selbstständige, um an der Aktion teilzunehmen. Insgesamt 44 Lichtblicke aus vielen Wirtschaftszweigen sind auf diese Weise entstanden. Durch die Unterstützung der Medien und Partner hat die Aktion Dimensionen angenommen, mit denen ich niemals gerechnet hätte.“
Dass ihre „Lichtblicke“ nun in einer Freiluftausstellung rund um das Haus der Wirtschaft und den Kleinen Kiel zu sehen sind, freut die Fotografin. Petersen: „Dank der tollen Zusammenarbeit mit der IHK und der Stadt können sich alle Kielerinnen und Kieler und auch alle Gäste ein Bild davon machen, welche klugen, aber verletzlichen Köpfe hinter unserer Wirtschaft stecken. Dass wir diese Fotos gemeinsam im Sommer bei Sonnenschein und niedrigen Inzidenzzahlen genießen können, ist genau der Lichtblick, den wir jetzt alle brauchen.“

Die Ausstellung „Kieler Lichtblicke“ ist vom 28. Juni bis 8. August in der Bergstraße/Ecke Lorentzendamm und auf den gegenüberliegenden Ufern am Lorentzendamm und Jensendamm zu sehen. Alle Motive wechseln am 16. Juli, ein zweiter Besuch lohnt sich.

Portraitierte Unternehmerinnen im Feedback

Christina Mann, Lüneburg-Haus Kiel:

„Ich fand es großartig, dass Frau Petersen im Lockdown etwas auf die Beine stellen wollte, auch wenn es nicht lukrativ sein würde. Mit diesem Feedback hat keiner gerechnet. Auch wir vom Lüneburg-Haus waren mittags immer für den Außer-Haus-Verkauf zu erreichen, obwohl wir wussten, dass es nicht wirtschaftlich ist – auch uns ging es darum, nicht untätig zu sein. Wir freuen uns daher sehr, dass die Arbeit von Frau Petersen so gewürdigt wird, das ist eine stellvertretende Wertschätzung an uns alle. Anfangs haben wir die Lockdown-Zeit sehr schwierig erlebt, weil uns die Perspektive fehlte. Das Gerede der Politik und die lange Zeit des Wartens waren zermürbend. Die ‚Lichtblicke‘-Aktion hat, als immer mehr mitgemacht haben, für uns spürbar gemacht, dass wir alle branchenübergreifend in einem Boot sitzen.“

Statement Nina Rubin, Eventwerkstatt:

„Julia Petersen und ich kennen uns aus der Eventbranche. Als ich ihre Aktion gesehen habe, habe ich ihr direkt geschrieben, wie begeistert ich davon bin – und dass ich natürlich sofort teilnehme. Ich finde es wertvoll, wie sie auf unsere Situation hingewiesen hat. In Zeiten wie diesen, sind Zusammenhalt und Netzwerk unglaublich wichtig. Es war eine Zeit zwischen Existenzangst und Ohnmacht auf der einen und Aufbruchstimmung und Erneuerung auf der anderen Seite. Ich habe mich entschieden, durchzuhalten, das Lachen und Lebensfreude in den Fokus zu stellen und mutig zu sein. Die größte Herausforderung ist der Wechsel zwischen Tatendrang und Antriebslosigkeit – bis heute. Wie viele Kolleginnen und Kollegen halte ich mutig durch. Die ‚Lichtblicke‘ haben mich darin bestärkt, weiterzumachen, mich auf Verbindungen in meinem Netzwerk zu verlassen und neue Kontakte zu knüpfen, um es zu erweitern.“

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