Alles Ziegenkäse – ein persönlicher Besuch auf Hof Hottbarg

18. November 2022

,, Viele Menschen haben hier mitgeholfen, aus einem Hoffragment ein ökologisches Ganzes zu machen."

Unsere Hunde-Expertin DANIELA TERBOVEN war wieder unterwegs auf einem „Außentermin“. Diesmal besuchte sie einen Ziegenhof in Kührsdorf bei Preetz.

Nala und Abby, die Hofhunde nehmen uns in Empfang, als wir auf Hof Hottbarg in Kührsdorf ankommen. Von weitem sehen wir die Ziegenherde und ein paar neugierige Hühner scharren am Wegesrand. Nur die Pferde sind noch den letzten Tag im Urlaub auf der Sommerweide. Wir werden sie später besuchen gehen. Alles sieht entspannt und leicht verträumt aus, als wir an diesem Sonntag den Biolandhof besuchen. Aber bei genauerem Hinschauen sieht man, mit wieviel Energie, Lebenskraft und Pioniergeist hier ein ganz eigenes Lebensprojekt aufgebaut worden ist.

Am Anfang des Traums vom eigenen Bauernhof steht der Hof – sollte man meinen. Aber Catrin und Stefan Sporleder hatten nur eine großen, alten Kuhstall und etwas Land, als sie 2007 in Kührsdorf begannen, ihren Lebenstraum zu verwirklichen. 

Catrin, studierte Diplom-Pädagogin mit Zusatzausbildung im Heilpädagogischen Reiten, wollte schon immer mit Kindern arbeiten und nutzte ihre Erfahrung aus dem elterlichen Ponyhof um einen heilpädagogischen Reitbetrieb mit heute 35 Ponys aufzubauen. „Ich bin kein klassisches Pferdemädel, mir ist das Arbeiten mit den Kindern wichtig und die Pferde sind das Medium, um mit Menschen in Kontakt zu kommen und positive Entwicklungen zu fördern.“

Statt auf Einzeltherapie setzt Catrin Sporleder auf integrative Gruppen. „In unseren kleinen Gruppen können alle mitmachen“, freut sie sich – auch Erwachsenengruppen, zum Beispiel aus den Lebens- und Werkgemeinschaften Grebinsrade, kommen regelmäßig auf den Hof.

Stefan, Agraringenieur und gelernter Hofkäser hatte in Hochzeiten über 100 Ziegen mit ihrem Nachwuchs, die er im Bioland-Betrieb komplett selbst versorgte. Angefangen mit dem Futteranbau, dem Pflegen der Koppeln, Misten der Ställe bis hin zum Melken und Käsen und letztendlich zur Vermarktung – ein Kreislauf, der erstmal aufgebaut werden musste, denn Schleswig-Holstein ist Kuhland, Ziegenprodukte echte Alternativerzeugnisse. 

In dem ursprünglichen Kuhstall mit Spaltenböden ist heute die Reithalle untergebracht, die Innenboxen für die Ponys, aber auch Ziegen, die außer der Reihe Zicklein bekommen haben, sowie die moderne Käserei.

So lange dieser Bau währte, war an den Bau eines eigenen Hauses nicht zu denken und die Familie, mit damals drei kleinen und zwei größeren Kindern, lebte im Bauwagen. Eine Zeit, die Katrin Sporleder nicht missen möchte: „Die Kinder waren immer mit dabei und haben unser Leben geteilt.“

Dieses Miteinander ist überall auf dem Hof zu spüren.

Viele Menschen haben hier mitgeholfen aus einem Hoffragment ein ökologisches Ganzes zu machen: Der Schwiegervater hat um die Koppeln herum Linden gepflanzt und einen Gemüsegarten angelegt, Stefans Bruder hat beim Bauen überall Hand angelegt und der älteste Sohn hat sich als angehender Zimmermann sein Zimmer selbst ausgebaut.

Mit Hilfe des Biolandverbandes und in Kooperation mit einer Schulklasse ist die Streuobstwiese entstanden, die von Schafen beweidet wird. Pferde und Ziegen wechseln sich auf den Koppeln ab, die an englischen Rasen erinnern, so tadellos sind sie beweidet. In der Zukunft wird hier vielleicht ein Agroforst entstehen und die älteste Tochter überlegt einen ökologischen Gemüseanbau aufzubauen. Diese Art des Denkens und des Arbeitens steht sicher sehr im Gegensatz zur derzeit modernen, immer weiter industrialisierten Landwirtschaft. „Idealismus war uns wichtiger als Wirtschaftlichkeit“. Denn wer Ziegenkäse produziert, muss bedenken, dass jede Ziege zwei Zicklein bekommt, die auch irgendwie vermarktet werden müssen – für Ziegenfleisch gibt es hier aber kaum einen Markt. Die Zicklein zum Mästen nach Frankreich zu verkaufen, war aber keine Option für die Sporleders – da wäre das Tierwohl komplett auf der Strecke geblieben. Und so fiel vor kurzem die schwere Entscheidung die Ziegenherde zu verkleinern und stattdessen eine kleine Herde Jersey-Rinder aufzubauen.

Hof Hottbarg – eine Inspiration für die Landwirtschaft?

„Vielleicht sind wir mit unseren Gedanken zur Landwirtschaft 50 Jahre hinterher – oder auch 20 Jahre voraus,“ meint Catrin Sporleder, denn so ein Projekt erfordert die unermüdliche Arbeit vieler Hände, es gibt weder die Möglichkeit eines gemütlichen Feierabends noch eines mehrwöchigen Familienurlaubs. Aber das kleinräumige Wirtschaften, die kurzen Vermarktungswege, die Gedanken über Solidarwirtschaft (Solawi) sind ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung einer Landwirtschaft, die weder die Natur noch die Landwirte ausbeutet, die Vielfalt erhält und Ressourcen erneuert. Das ist nachhaltiges Miteinander und langfristig wird Hof Hottbarg hoffentlich eine Inspiration für eine zukünftige Landwirtschaft sein. 

Daniela Terboven

schreibt seit vielen Jahren als Hundeexpertin für Woman in the city. Die studierte Biologin mit Schwerpunkt Zoologie und Verhaltensphysiologie hat ihre Hundeschule in Fragau-Pratjau

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